ETSi-Professoren entdecken eine Methode zur Massenproduktion von Mikrofasern
ETSi-Professoren entdecken eine Methode zur Massenproduktion von Mikrofasern
Professoren des Fachbereichs Luft- und Raumfahrttechnik und Strömungsmechanik der Technischen Hochschule für Ingenieurwesen der Universität Sevilla haben ein Verfahren zur Massenproduktion von Mikrofasern aus dem Polymer Polyvinylalkohol (PVA) entwickelt. Die in dem Artikel https://doi.org/10.1039/D3RA03070A stellt einen bedeutenden Fortschritt für die industrielle Herstellung von Nanofasern dar.
Die Professoren Luis Modesto López und Alfonso Gañán Calvo stellen zusammen mit ihrem Studenten Jesús Olmedo Pradas in dem Artikel diese neue Technologie vor, die sich für die Massenproduktion von Mikro- und Nanomaterialien, insbesondere Nanofasern, eignet. „Dank ihrer hohen Verarbeitungskapazität könnte die von uns vorgeschlagene Technik zukünftig skaliert und für die industrielle Produktion adaptiert werden, wodurch die Produktionsraten gesteigert würden. Darüber hinaus handelt es sich um eine Technik zur Herstellung von Polymerfasern, die in nahezu allen Bereichen des täglichen Lebens präsent sind. Dadurch ist ihr Anwendungsbereich äußerst breit gefächert: von der Herstellung sogenannter biokompatibler Gerüste für die Geweberegeneration über die Produktion faseriger Plattformen für Energieerzeugungs- und -speichersysteme (z. B. Elektroden) bis hin zu 3D-Drucksystemen. Weitere, aktuell relevante industrielle Anwendungen umfassen die Herstellung von Materialien für Masken und persönliche Schutzausrüstung (PSA) oder für sogenannte „Smart Wearables“ (intelligente Textilien)“, erklärt Professor Modesto López.
Die Bedeutung dieser Arbeit liegt in der Massenproduktion hauchdünner Fasern, sogenannter Mikrofasern, aus dem Polymer Polyvinylalkohol (PVA). Dabei kommt ein einzigartiges Verfahren zum Einsatz, mit dem sich mit nur einer einzigen Düse tausendmal mehr Mikrofasern herstellen lassen als mit herkömmlichen Verfahren wie dem Elektrospinnen. Diese Mikrofasern haben einen Durchmesser von weniger als einem Mikrometer (1 Mikrometer, ein Millionstel Meter), genauer gesagt zwischen 0,9 und 0,5 Mikrometern. Damit sind sie deutlich dünner als ein menschliches Haar (100 Mikrometer) oder ein rotes Blutkörperchen (8 Mikrometer). Sie können sogar so dünn sein wie das Coronavirus (weniger als 0,5 Mikrometer).
Ziel der Studie war die Entwicklung einer einfachen, aber robusten Technologie zur Herstellung von Mikro- und Nanofasern mithilfe von Flow Blurring®-Pneumatikinjektoren (bereitgestellt von Ingeniatrics Tecnologías SL). Diese Geräte nutzen einen Luftstrom, um einen Flüssigkeitsstrom zu fragmentieren und so feine Tröpfchen zu erzeugen (ähnlich denen von Gartensprengern) – ein Prozess, der als Zerstäubung bekannt ist. Die Studie wurde durch die Programme PAIDI 2020 und FEDER gefördert.
Professor Modesto López erläutert den Weg zu dieser Entdeckung: „Die Forschung begann mit Sprühexperimenten zur Erzeugung von Mikrotröpfchen. Stattdessen erhielten wir jedoch längliche Strukturen, die wir als Ligamente bezeichneten. Durch die Untersuchung der zugrundeliegenden Physik des Sprühprozesses erkannten wir, dass sich die Ligamente bei Verwendung hochviskoser Flüssigkeiten mit einer gewissen Viskoelastizität bilden. Dennoch war ein Verfahren erforderlich, um die Ligamente zu verfestigen und Fasern zu gewinnen. Daher verwendeten wir eine Wärmequelle, in diesem Fall einen Röhrenofen, der Temperaturen von bis zu 1200 Grad Celsius erreichen kann, obwohl 300 Grad für unsere Studie ausreichten. Kurz gesagt, wir sprühten eine Polymerlösung mithilfe eines Strömungsverwirbelungsinjektors in den Ofen. Die vom Ofen erzeugte Hitze ermöglichte das schnelle Trocknen der Ligamente, wodurch sich innerhalb weniger Sekunden Mikrofasern bildeten. Parallel dazu führten wir CFD-Simulationen (Computational Fluid Dynamics) durch, um die physikalischen Prozesse, die die Fragmentierung der Polymerlösungen und die Bildung der Ligamente steuern, besser zu verstehen.“
Der Großteil der Arbeiten wurde im Labor für Strömungsmechanik des Fachbereichs Luft- und Raumfahrttechnik und Strömungsmechanik des ETSI durchgeführt. Dabei wurden aber auch die Einrichtungen von CITIUS genutzt, wo in der Einheit für funktionelle Charakterisierung die Viskosität der Polymerlösungen analysiert und in der Mikroskopieeinheit mit einem Rasterelektronenmikroskop (REM) die Form und Größe der Mikrofasern untersucht wurde.
Das Projekt ist bahnbrechend, da es die herkömmlichen Methoden zur Herstellung von Mikro- und Nanofasern revolutionieren will. Aktuell nutzen die gängigsten Verfahren zur Nanofaserherstellung elektrische Felder als Energiequelle, um Polymerlösungen zu dehnen, ihre Größe zu reduzieren und/oder sie zu fragmentieren. Dies setzt jedoch eine gewisse elektrische Leitfähigkeit der Flüssigkeit voraus. Zudem weisen diese Verfahren eine geringe Verarbeitungskapazität von etwa 0,1 Millilitern pro Stunde auf. Unsere Technologie ist in dieser Hinsicht energieeffizienter als die derzeitigen Methoden, da sie keine externe Energiequelle zur Fragmentierung der Flüssigkeit benötigt. Stattdessen nutzt sie die im Luftstrom enthaltene mechanische Energie, um neue Oberflächen zu erzeugen und so eine Vielzahl feinerer Fasern zu generieren. Darüber hinaus zeichnet sich die vorgeschlagene Technologie durch eine extrem hohe Verarbeitungskapazität aus, da sie mit Flüssigkeitsdurchflussraten von bis zu 1500 Millilitern pro Stunde arbeiten kann – mehr als tausendmal so viel wie herkömmliche Systeme. Darüber hinaus eröffnet dieses Projekt einen neuen Forschungszweig im Bereich der Herstellung von Verbundfasern, die aus zwei oder mehr polymeren Materialien bestehen und ihrerseits funktionelle Nanopartikel oder Materialien wie Graphen und Kohlenstoffnanoröhren enthalten können.