Sie entwickeln eine schnelle und kontaktlose Methode zur Überwachung von Arzneimittelrückständen in Flüssen und Trinkwasser.
Ein Wissenschaftlerteam des Instituts für Angewandte Physik III und des Instituts für Chemie- und Umwelttechnik der Technischen Hochschule für Ingenieurwesen der Universität Sevilla hat in Zusammenarbeit mit der EOD-CBRN-Gruppe der Nationalpolizei (TEDAX) ein außergewöhnlich schnelles Verfahren zur chemischen und umweltbezogenen Überwachung von Ibuprofen in Gewässern erfolgreich validiert. Diese Kooperation vereint die Expertise der Universitäten in angewandter Optik und Chemieingenieurwesen mit dem operativen Bedarf der Nationalpolizei, potenziell gefährliche Substanzen nicht-invasiv zu identifizieren.
Die von den Forschern José Manuel Navas García, Bernabé Alonso Fariñas und Alejandro Barriga Rivera entwickelte Technologie, die man als „Kamera, die über das Licht hinaussieht“ bezeichnen könnte, erfasst die optischen Informationen der Probe mithilfe fortschrittlicher Bildgebung und trennt das Signal der interessierenden Moleküle von dem anderer in der Probe vorhandener Moleküle. Dies ermöglicht die Identifizierung von Verbindungen ohne physischen Kontakt, Probenvorbereitung oder den Einsatz von Reagenzien. Der entscheidende Fortschritt der Studie liegt in der Kombination von Hyperspektralbildgebung – einer Art der Fotografie, die Licht im sichtbaren und infraroten Spektrum erfasst – mit einer fortschrittlichen mathematischen Methode, der Wavelet-Transformation. Diese Transformation fungiert als leistungsstarker digitaler Filter, der die Details mit signifikanten Informationen vom Rauschen in der Probe trennt, das durch die anderen chemischen Verbindungen verursacht wird.
Die Studie bestätigte die Wirksamkeit der Technologie beim Nachweis von Ibuprofen in einer kritischen Konzentration von 60 μg/L. Diese Konzentration stellt einen relevanten Wert für die Überwachung von Umweltrisiken dar; sie wird als erwartete Konzentration ohne Wirkung (Expected No-Effect Concentration, EBC) bezeichnet und definiert die Grenze, ab der in einem Ökosystem mit schädlichen Auswirkungen zu rechnen ist. Die Forscher testeten die Methode in verschiedenen Flüssigkeiten, darunter Flaschenwasser, Leitungswasser (aus Sevilla), eine Ethylalkohollösung und insbesondere Wasser aus dem Guadalquivir. Im Fall von Flusswasser, der komplexesten Probe, verbesserte sich die Nachweisgenauigkeit von 55 % mit herkömmlichen Methoden auf 100 % durch die von den Forschern entwickelte computergestützte Analyse.
Zukünftige Umweltüberwachung:
Die an der Universität Sevilla entwickelte Technologie bietet als schnelles Verfahren ohne Probenvorbereitung enormes Potenzial für den Einsatz als Echtzeit-Überwachungsinstrument zur kontinuierlichen Erkennung neu auftretender Schadstoffe. Diese Methodik kann potenziell auf autonomen Fluggeräten eingesetzt werden und ermöglicht so die Überwachung schwer zugänglicher Gebiete wie Feuchtgebiete, Seen und Flüsse.
Diese Forschungsrichtung begann an der Universität Sevilla unter der Leitung von Professor Emilio Gómez González, dem Leiter des Lehrstuhls für Angewandte Physik III, der 2023 verstarb. Die Forschenden entwickelten zunächst Methoden zum Nachweis von Viruspartikeln, darunter SARS-CoV-2, dem Virus, das COVID-19 verursacht, mithilfe von Hyperspektralbildgebung und künstlicher Intelligenz (in Form künstlicher neuronaler Netze). Die Forschenden der interdisziplinären Physikgruppe entwickeln weiterhin technologische Strategien, die dazu beitragen, das Leben der Menschen im Bereich der Medizintechnik zu verbessern.
Das Risiko neuartiger Schadstoffe
: Ibuprofen, ein weit verbreitetes entzündungshemmendes Medikament (mit einer gemeldeten Jahresproduktion von ca. 45.233 Tonnen im Jahr 2022), ist einer der am häufigsten in Süß- und Salzwasser nachgewiesenen pharmazeutischen Wirkstoffe. Dies liegt daran, dass herkömmliche Kläranlagen die Substanz nur teilweise, typischerweise zwischen 30 % und 60 %, entfernen. Aufgrund dieser Persistenz stellt Ibuprofen, zusammen mit anderen Medikamenten, eine erhebliche Bedrohung für Ökosysteme und die öffentliche Gesundheit dar, da es selbst in minimalen Konzentrationen wichtige biologische Funktionen in Wasserorganismen beeinträchtigen kann. Die Notwendigkeit, diese Verbindungen zu überwachen, besteht weltweit, da Ibuprofen sogar in abgelegenen Regionen wie der Antarktis nachgewiesen wurde.
Über Schadstoffe hinaus: Gefährliche Stoffe.
Die Zusammenarbeit mit der EOD-CBRN-Gruppe der Nationalpolizei (TEDAX) unterstreicht das breite Potenzial dieses „Chemikalienscanners“. Diese Technologie identifiziert den „chemischen Fingerabdruck“ oder spektralen Barcode des jeweiligen Stoffes. Die Möglichkeit, chemische Verbindungen in Flüssigkeiten, selbst in komplexen Matrices, nicht-invasiv zu identifizieren und zu quantifizieren, hat direkte Auswirkungen auf die öffentliche Sicherheit und bietet eine Plattform für den potenziell schnellen und berührungslosen Nachweis anderer gefährlicher oder illegaler Substanzen, wie beispielsweise chemischer Kampfstoffe oder Sprengstoffrückstände in Flüssigkeiten.